Meinung

Offener Brief an Merz: Doch was hat das mit Mut zu tun?

Ski Aggu (Credit: ebeabebe)

205 Kulturschaffende (darunter Joko & Klaas, Ski Aggu und Shirin David) fordern in einem offenen Brief an Bundeskanzler Friedrich Merz, mehr Druck auf die israelische Regierung auszuüben und zum Beispiel Waffenlieferungen an Israel einzustellen, um den Hunger in Gaza zu stoppen – ein Problem, für das sie ausschließlich Israel verantwortlich machen, und genau das ist an ihrem Statement so bedenklich.

Es gibt in dem Text zwar eine Distanzierung von den „grauenvollen Verbrechen der Hamas“, die jedoch nicht weiter benannt werden. Zu diesen Verbrechen zählen nicht nur der Terror gegen die israelische Zivilbevölkerung, sondern auch die Unterdrückung kritischer Stimmen in Gaza durch Folter und Hinrichtungen und nicht zuletzt auch Plünderungen von Hilfsgütern sowie Gewalttaten bis hin zum Mord an palästinensischen Zivilisten, welche die Verteilzentren der Gaza Humanitarian Foundation (GHF) nutzen. Wer sich wirklich für die Menschen in Gaza einsetzen will, muss verstehen, dass in erster Linie die Hamas und nicht die israelische Regierung für das Leid dieser Menschen verantwortlich ist.

Natürlich würde es nichts bringen, wenn deutsche Kulturschaffende einen offenen Brief an die Hamas schreiben würden mit der Forderung, die Geiseln freizulassen und die Waffen niederzulegen, wodurch der Krieg beendet werden könnte.

Sie könnten aber zumindest auch darauf aufmerksam machen, dass es bei pro-palästinensischen Demonstrationen auch hier in Deutschland immer wieder zu Verharmlosungen des 7. Oktobers oder sogar Solidaritätsbekundungen für die Hamas kommt – so geschehen zuletzt bei der „Internationalist Queer Pride“ in Berlin, bei der radikale Islamisten den Ton angaben und den Namen des ehemaligen Hamas-Chefs Yahya Sinwar skandierten. Man kann sich vorstellen, was mit Personen der „queeren“ Community passieren würde, sobald diese Menschen Macht hätten.

Immer wieder werden auf Demonstrationen gegen die israelische Kriegsführung offen antisemitische Slogans verwendet, die Vernichtung Israels und das Töten israelischer Soldaten propagiert. Immer wieder werden Journalisten oder israelsolidarische Gegendemonstranten von Aktivisten aus dem pro-palästinensischen Lager angegriffen. In dieser Gemengelage ein Statement rauszuhauen, das so einseitig der israelischen Regierung die Schuld am Hunger in Gaza zuweist, ist mindestens unglücklich, vor allem, wenn eben genannte Missstände ignoriert werden. Daher lautet meine Frage an die Kulturschaffenden: Wann äußern Sie sich zu diesen Missständen? Oder, anders gefragt:

Haben Sie den Mut dazu?

Die israelische Regierung zu kritisieren, ist ohnehin en vogue, besonders in dieser Phase des Krieges. Wenn die Personen, die den offenen Brief an Merz unterzeichnet haben, antisemitische Auswüchse in der linken Szene kritisieren würden, riskierten sie jedoch die Gefahr, Teile ihrer eigenen Fans gegen sich aufzubringen und ins Visier von israelfeindlichen Akteuren zu geraten. Das würde also tatsächlich Mut erfordern.

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