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„Humans of October 7“ – Wenn das Unvorstellbare einen Namen trägt

Am vergangenen Montag, den 4. August 2025, eröffnete der Düsseldorfer Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller im Rathaus die Fotoausstellung „Humans of October 7“ mit Bildern des israelischen Fotografen Erez Kaganovitz. Seine Bilder verbinden das Grauen dieses Tages mit den Ereignissen während der Shoa. Von unserer Gastautorin Christiane Jochum.

Bereits der Weg zum Eingang des Rathauses lässt den Besucher auf eindrucksvolle Weise wissen, worum es in der Ausstellung geht, die gleich vom Oberbürgermeister eröffnet werden wird – 50 leere Stühle sind auf dem Vorplatz aufgeklappt worden, an jedem einzelnen Stuhl befestigen Mitglieder der Initiative „Run for their lives“ ein laminiertes Bild jeder Geisel, versehen mit ihrem Namen.

„Say their names“, den verschleppten Menschen ein Gesicht geben, sie als Individuen wahrzunehmen, ist ihnen ein Herzensanliegen. Ein einzelner Stuhl steht etwas abseits, er trägt ebenfalls ein angeklebtes Schild mit dem Text „Bis die letzte Geisel zu Hause ist“.

Erez Kaganovitz bezeichnet sich selbst als den „Mensch hinter den Projekten“, wie er seine Fotoausstellungen nennt. Für die aktuelle Ausstellung hat er die beiden Projekte „Humans of the Holocaust“ und „Humans of October 7“ zusammengefasst. In einer Videobotschaft erläutert er den Besuchern sein Konzept, eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu schlagen. „Es geht um Mut, Widerstandskraft und Resilienz, damals wie heute“, so Kaganovitz. „Die Überlebenden des Holocaust haben es geschafft, den Terror zu überleben und das Grauen zu bewältigen. Indem ich ihnen eine Stimme gebe, sie ihre Geschichte erzählen lasse, kann ich bei jüngeren Menschen viel eher das Interesse wecken als mit tristen Schwarz-Weiss-Fotos“.

Die Ausstellung ist sehr übersichtlich, sie befindet sich in dem Raum im Erdgeschoss des Rathauses, in dem ein Modell der Stadt Düsseldorf zu besichtigen ist. Um dieses Architekturmodell herum gruppieren sich die großen Bilder aus beiden Projekten im Querformat; manche sind mit einem QR-Code versehen. Aktiviert man ihn, erfährt man die Geschichte zu dem Menschen auf dem jeweiligen Bild.

Warum er genau diese Menschen für seine Fotos ausgewählt hat? Was macht genau ihr Erlebnis am 7. Oktober 2023 so besonders oder einzigartig? Wir erfahren, wie ein muslimischer Israeli an diesem Tag seine Frau verlor, die, neben ihm im Auto sitzend, erschossen wurde, während er und das Baby, das jüngste von neun Kindern, überlebte. „Unser Islam ist das Gegenteil dessen, was diese Terroristen getan haben“, wird Hamid Abu Ar’ar zitiert. Oder Omar Ohana, der seinen Verlobten Sagi heiraten wollte und statt der Hochzeit die Beerdigung organisieren musste. Zu seinem Schmerz und seiner Trauer kam noch die Ablehnung seines Status als Kriegswitwer, den er sich inzwischen durch alle parlamentarischen Instanzen erkämpft hat. „Sagi wäre so stolz, dass jetzt die Rechte von Lebensgefährten aus der LGBTQ-Gemeinschaft denen aller anderen gesetzlich anerkannten Lebenspartner gefallener Soldaten gleichgestellt werden“, so Omer.

Omer Ohana (Foto: Erez Kaganovitz)

Diese beiden Schicksale des 7. Oktober sind beispielhaft für die weiteren vorgestellten Frauen und Männer, deren Erlebnisse in der Ausstellung vorgestellt werden.

„Ich wollte die Geschichten von Menschen erzählen, die sich entschieden haben, das Grauen zu überwinden, morgens wieder aufzustehen und sich mutig ihren Aufgaben zu stellen. Dies ist unsere DNA, die der israelischen Menschen und der israelischen Geschichte.“

Mut, Widerstandskraft, Resilienz – diese Botschaft spricht aus den Bildern, den Menschen und ihren geschilderten Erlebnissen. Wir, als Besucher und Zuhörer, können kaum ermessen, welche Kraft es jeden einzelnen von ihnen kostet, jeden Tag aufzustehen und die Geschichte des Landes Israel weiterzuschreiben. Die Fotos dieser Ausstellung sind ein sprechendes Zeugnis für den Überlebenswillen einer ganzen Nation.

Die Ausstellung im Düsseldorfer Rathaus kann noch bis zum 28. August 2025 besucht werden, der Eintritt ist frei. Es gibt eine sehr ausführliche und gut gestaltete Informationsbroschüre zu den gezeigten Fotos.

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