
Eine Massive Ordnance Penetrator (MOP; deutsch: schwerer Bomben-Eindringkörper) im Waffenschacht eines Northrop B-2 Tarnkappenbombers (beides Attrappen) (Quelle: U.S. Air Force, gemeinfrei – via Wikimedia Commons)
Iran: Bunkerbrecher sind wie Monster-Darts
In der Nacht von Samstag auf Sonntag setzten die USA nach eigenen Angaben 14 massive Bomben vom Typ GBU-57 „Massive Ordnance Penetrator“ (MOP) ein, um Anlagen des iranischen Atomprogramms anzugreifen.
Diese als „Bunkerbrecher“ bekannten Bomben gelten als die einzigen im westlichen Arsenal, die insbesondere der tief unter der Erde gelegenen Anlage in Fordo ernsthaft schaden können. Aber wie funktionieren diese speziellen Bomben?
Das meiste ist reine Physik!
In einer Vorab-Diskussion zu diesem kurzen Artikel merkte Robert Herr an: „Ich finde das Konzept eines 14 Tonnen schweren Dartpfeils, der mit Schallgeschwindigkeit in sein Ziel eindringt, relativ selbsterklärend – aber ich bin kein Physiker.“
Tatsächlich ist die GBU-57 damit schon recht gut beschrieben. Die MOP beruht auf drei Grundprinzipien: Masse, Geschwindigkeit und extrem hartes Material.
Die ersten beiden Punkte sind schnell erklärt:
Masse: Die MOP ist eine riesige Bombe, 6,20 m lang, 80 cm im Durchmesser und 13,6 t schwer. Von diesem Gesamtgewicht entfallen etwa 2,5 t auf den Sprengstoff.
Geschwindigkeit: Abgeworfen wird die MOP vermutlich – ausgehend von der Standardflughöhe des Trägerflugzeugs Northrop B-2 Spirit, dem berüchtigten Tarnkappenbomber – aus etwa 12 km Höhe. Die Aufschlaggeschwindigkeit ist – wie viele Details zur MOP – geheim, aber man geht von Überschallgeschwindigkeit aus [1].
Aus der klassischen Mechanik weiß man, dass die kinetische Energie eines Massepunkts sich aus seiner Masse und dem Quadrat seiner Geschwindigkeit berechnet. Da beides hier sehr hoch ist, entsteht am Einschlagpunkt eine extreme kinetische Energie, die eine große Eindringtiefe ermöglicht.
Material: Die GBU-57 besteht aus einer speziellen Stahllegierung, sogenanntem Eglin-Stahl. Dieser weist eine enorme Festigkeit auf – konkret über 190.000 psi (pound per square inch) Zug- und Streckfestigkeit. Zum Vergleich: Typischer Baustahl liegt bei etwa 36.000 psi. Diese hohe Festigkeit erlaubt es der MOP, sehr tief in ihr Ziel einzudringen, ohne sich dabei stark zu verformen. Der Zündmechanismus erkennt den Aufschlag der Bombe und kann so eingestellt werden, dass die Detonation entweder beim Stillstand der Bombe – also in maximaler Tiefe – oder beim Erkennen eines Hohlraums erfolgt.
Das Resultat
Wie weit kommt man mit so einem Monster-Dart? Das ist ein gut gehütetes Geheimnis. Die US Air Force nennt eine Eindringtiefe von 200 Fuß, also etwa 60 m – allerdings ohne Angabe zum durchdrungenen Material. In einem Bericht des Wissenschaftsdienstes des US-Kongresses [2] ist von 200 Fuß Erdreich oder Beton die Rede. Die spannende Frage ist, ob das reicht, um die Atomanlagen des Iran auszuschalten. Die Anlage in Fordo liegt wohl eher 80–90 m unter der Erde [3,4].
Daher wurde im Vorfeld spekuliert, ob ein zeitversetzter Doppelabwurf auf dieselbe Stelle möglich sei – denn trotz ihrer Größe ist die MOP eine satellitengesteuerte Präzisionswaffe, die unter Idealbedingungen Ziele mit einer Abweichung von maximal 5 m treffen kann. Ein solcher Doppelabwurf könnte – bei hinreichender Präzision – die Eindringtiefe erhöhen, wenn die zweite Bombe den durch die erste aufgelockerten Boden durchdringt. Erste verfügbare Bilder der Atomanlage Fordo nach dem Angriff (z. B. [5]) deuten auf eine solche Taktik hin: Zu sehen sind zwei Gruppen von jeweils drei sehr nah beieinander liegenden Kratern.
Strahlungsgefahr
Eine verbreitete Sorge ist, dass bei einem Angriff auf Fordo radioaktives Material freigesetzt werden könnte. Aus zwei Gründen ist das unwahrscheinlich: Erstens muss angenommen werden, dass der Iran zumindest einen Teil des bisher angereicherten Urans in Erwartung eines Angriffs aus Fordo und Natanz entfernt hat. Zweitens liegt es in der Natur der eingesetzten Bomben, dass sie tief unterirdisch detonieren. Sie sind darauf ausgelegt, unterirdische Anlagen zu zerstören, ohne einen Austrittsweg für radioaktives Material zu schaffen. Der Eindringpfad der Bombe dürfte durch die nachfolgende Explosion direkt wieder versiegelt werden; die oberirdischen Krater entstehen durch nachstürzendes Bodenmaterial.
Quellen:
[1] https://www.scientificamerican.com/article/the-massive-ordnance-penetrator-bomb-israel-wants-to-destroy-irans-fordo/
[2] https://nsarchive2.gwu.edu/NSAEBB/NSAEBB439/docs/doc_62.PDF
[3] https://www.welt.de/politik/ausland/plus256269882/nahost-die-usa-sind-in-den-krieg-eingetreten-diese-eskalationsmoeglichkeiten-hat-iran.html
[4] https://edition.cnn.com/2025/06/17/middleeast/iran-fordow-nuclear-site-latam-hnk-intl
[5] https://nypost.com/2025/06/22/world-news/first-satellite-images-of-fordow-after-us-bunker-buster-bomb-strike-show-extensive-damage/
